Nachdem wir im Seminar die Entwicklung der Vinyschalllplatte diskutiert haben, soll mir dies als Themenspender für meine heutigen Notizen dienen. In aller gebotener Kürze möchte ich sowohl auf
Technikentwicklungen als auch auf Vertriebswege eingehen.
Die fünfziger und sechziger Jahre boten mehrere Neuerungen im Bereich der akustischen Medien. So wurde die Schallplattenproduktion von Schellack auf Polyvinylchlorid umgestellt, das gegenüber dem starren fragilen aus Naturharz gewonnenen Schellack leichter und eben auch beständiger war. Die Überarbeitung des Speichermediums war dem Auftrag der Royal Air Force geschuldet, die das Label Decca bat, die Schallplatte zu akustischen Schulungszwecken zu perfektionieren.
Das neue Material ermöglichte auch wesentlich schmalere Rillen, durch den Einsatz dieser so genannten Mikroschrift konnte die Spieldauer erheblich erweitert werden. Ebenfalls ein Novum war die Einführung zweier neuer Formatstandards. So wurden die Langspielplatte im Jahr 1948 durch das US-amerikanische Label CBS, sowie das Singleformat durch den Konkurrenten RCA im gleichen Jahr etabliert. Diese unterschieden sich durch die Abspielgeschwindigkeit und ihre Größe.
Je nach Herstellungsverfahren und Spieldauer der einzelnen Titel können auf einer LP etwa 12 bis 20, auf einer Single, sofern sie beidseitig spielbar ist zwischen 2 und 3 Songs untergebracht werden.
Die Single als direktes Konkurrenzprodukt zur LP war mit ihrer kürzeren Spieldauer und einem geringeren Aufwand an Material, dass meint hier den physischen als auch den immateriellen Anteil, für das Niedrigpreissegment konzipiert also für den schnellen Konsum auf einem Massenmarkt, wohingegen die LP exklusivere Käuferschichten ansprechen sollte.
Auch kam im Zuge der Überarbeitung der Schallplatte das bereits in den dreißiger Jahren von Alan Blumlein entwickelte Flankenschriftverfahren zur branchenweiten Einführung. Die Flankenschrift erlaubt durch die Kombination von Seiten- und Tiefenschrift die Stereowiedergabe von Schall. Bei diesem Verfahren werden die Signale für den einen Kanal in der Tiefe und die für den zweiten in der Seite gespeichert. Mit der Nutzung des Zweikanalverfahrens einher ging die Verbesserung der Klangqualität.
1951 erfolgte der Import der ersten Musikboxen aus den USA nach Deutschland. Waren es 1954 etwa 3000, so schallten in deutschen Kneipen, Clubs und Lokalen 1957 bereits 12000, 1960 dann 50000 und 1972 etwa 105000 Musikautomaten, die durch Münzeinwurf einen Zugriff auf die im System abgelegten Titel erlaubten. Diese Automaten ermöglichten nun den Konsum von Musik nach eigenen geschmacklichen Präferenzen im öffentlichen oder halböffentlichen Raum, also an Plätzen des Zusammentreffens. Die Musikboxen wurden hauptsächlich von jungen Leuten benutzt, da der Rundfunk die besonders bei Jugendlichen beliebte Rock’N’Roll oder später Beat-Musik weitestgehend ignorierte. Der Beginn der Ausstrahlung des von Radio Bremen produzierten Beat Clubs ab dem 25. September 1965 stellte eine absolute Ausnahme dar.
Zum anderen konnte die Musikindustrie, hier insbesondere die Phonographische Industrie, ihr Repertoire der Öffentlichkeit präsentieren und eben im Verkauf an die Automatenhersteller, beziehungsweise Betreiber, auch absetzen. So wurde 1970 ein Viertel der in der BRD verkauften Singles an die Automatenwirtschaft verkauft.
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